Junge Konzertreihe ´klangClub` gewürDigt
16. November 2021

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Thomas Prisching

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Mit einer ungewöhnlichen Konzertreihe starteten Landesmusikrat Hamburg, der Hamburger Komponistenverband und der Rockclub Marias Ballroom just in der Pandemie. Eine ungewöhnliche Spende zum Jahresendspurt sichert nun auch das kommende Jahr.

Eigentlich ist das „Marias Ballroom“ seit mehr als zehn Jahren eine feste Adresse in der Hamburger Rockszene. Eng, laut und schwitzig ging es vor der Covid-19-Pandemie meist zu.  Beim Hamburger Kultursommer lernten sich dann der Clubbetreiber Heimo Rademaker und die Komponisten Carsten Gundermann und Ludger Vollmer kennen und nutzten die Krise für neue Kreativität. „klangClub“ ist seit September nun ein neues Konzertformat, in dem komponierte Musik direkt auf die Live-Bühne findet. „Kompositionen sind häufig Auftragsarbeiten“, so Gundermann. „Man arbeitet zum Beispiel fürs Theater oder eine Filmproduktion. Aber Kreativität ist ja nicht nur an Aufträge gebunden. Neue Werke zu schaffen und in einer so abgefahrenen Location mitten im Harburger Phoenix–Viertel auszuprobieren – das hat schon einen besonderen Reiz!“

„Und es ist mal was ganz anderes auch für unser Publikum. Celli und Geigen, Notenständer und klassischer Gesang – ich find ́s klasse!“, so Heimo Rademaker über seine ersten Erfahrungen mit dem ungewohnten Genre. Doch dass die Reihe auch gleich ungewohnten Zuspruch erfährt, hätte niemand der Beteiligten gedacht. Denn unverhofft kam nun eine Spende des „Mensch Hamburg e.V.“, der in der Pandemie durch Aktionen wie „Keiner kommt, alle machen mit“ oder „Einer kommt, alle machen mit“ oder einem Panini-Album „Team Hamburg“ und vielen weiteren kleineren Formaten mehr als eine Million Euro für die Hamburger Kultur einsammelte. Eine eigens einberufene externe Jury hatte die Aufgabe, ungewöhnliche und besonders förderwürdige Kulturprojekte auszuwählen und stieß auf den „klangClub“.  10.000 € wurden dem Projekt nun zugesprochen.

Ludger Vollmer, Präsident des  Hamburger Landesmusikrates und Vorsitzender des Hamburger Komponistenverbandes: „Die ungewöhnliche Spende ermöglicht in dieser schwierigen Zeit nicht nur vielen Musiker*innen und Komponist*innen, ihrem Beruf nachzugehen, sondern unterstützt zudem eine sehr innovative neue Konzertreihe in der Entwicklung eines neuen Formates für den Hamburger Süden, von dem wir uns viel erhoffen, und mit dem wir mit dem Ziel einer nachhaltigen, festen Verwurzelung die Szenen Harburgs und Wilhelmsburgs um einen bunten, kreativen künstlerischen Spot erweitern wollen!“

Und die letzten Konzerte diesen Jahres lassen erahnen, was da noch kommen mag. So spielt am Do., 25. Nov., 20 Uhr das Projekt NIHON CYBERFUNK CEMBALO. Das sind die Japanerinnen Haruka, Kurumi, Mamiko und Gäste mit einer Mischung aus RokokoClassics und brandneuen Arrangements. Sonaten und Synwave, Fugen und Funk, fernöstliche Balladen und fette Beats machen das Konzert zu einer fröhlichen Stunde in Hamburgs Süden.

Am Do., 9. Dez. um 20 Uhr folgt dann das Projekt Re:Member – a double concerto. Es resultiert aus der Zusammenarbeit der in Deutschland lebenden Komponistin Dong Zhou und der taiwanesischen Tänzerin Chiayi Seetoo und entsprang dem Wunsch, die räumliche Distanz zwischen ihren beiden Lebensmittelpunkten – den Hafenstädten Hamburg und Shanghai – in einem gemeinsamen Projekt künstlerisch zu überbrücken. Zu zweit machten sie sich auf die Suche nach neuen Formen der Erzählung und der Kollaboration. Material fanden die beiden Künstlerinnen in ihren jeweils individuellen und dennoch durch Parallelen gekennzeichneten Biografien. In der gemeinsamen Performance, die aus einer aufgezeichneten Choreografie der Tänzerin und Choreografin Chiayi Seetoo und den elektronischen Klängen der Multimediakomponistin und Musikerin Dong Zhou besteht, verarbeiten die beiden Künstlerinnen signifikante Elemente und Materialien ihrer Biografien sowie der ihrer familiären Geschichte und Herkunft, indem sie diese collagenartig anordnen und miteinander in Beziehung bringen. Das Videoprojekt mit Live-Performance ist eine Reflexion über das Leben mehrerer Generationen zwischen Asien und Europa. Immer wieder werden Filmpassagen kommentiert durch live eingeschobene musikalische Abschnitte und Improvisationen auf der westlichen Violine und der chinesischen Bambusflöte Zhudi. Es ist ein Experiment mit ungewissem Ausgang, eine Reflexion darüber, wie ein neuer Raum der künstlerischen Kollaboration geschaffen werden kann – virtuell, physisch und dazwischen.

Tanz und Choreogrfie: Chiayi Seetoo / Flöte/ chinesische Di: Ming Wang / Elektronik/ Violine: Dong Zhou / Konzeption: Dong Zhou, Chiayi Seetoo

Und das Jahr endet am Do., 16. Dez., 20 Uhr mit dem Projekt Echo of a Fire long Gone. Hier trifft zeitgenössische Musik auf Performance-Theater: In einem szenischen Konzert setzen sich die chinesische Komponistin Dong Zhou und der Regisseur Levin Handschuh mit der Figur der Marien-Ikone auseinander und kreieren einen Mix aus Ritual und Abschlussball. Ausgehend von Motiven aus Stephen Kings Roman „Carrie“ erlebt das Publikum einen immersiven Abend zwischen Kunstlied und Horror-Zitat. Man kann Echos aus der Vergangenheit lauschen, das Feuer des Abschlussballs nochmal erleben und selbst in die Nacht tanzen. Zusammen mit dem queeren Künstler*innen-Kollektiv XelK, Bühnenbildnerin Lisa Claire Stolzenberger und Dramaturgin Lena Iversen verwandeln Zhou und Handschuh den Ballroom in eine Prom-Night, in der das Unheimliche einzieht.

Neben den Live-Konzerten können auch Tickets für den zugleich laufenden Live-Stream erworben werden, der in jüngster  Vergangenheit auch schon internationale Besucher*innen quasi digital ins Marias Ballroom führten.

 

Ort: Marias Ballroom, Lasallestr. 11, 21073 Hamburg-Harburg

Website und Tickets unter  http://mariasballroom.de/